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Bei einem Werkvertrag kann der Unternehmer (Auftragnehmer) vom Besteller (Auftraggeber) grundsätzlich seine Vergütung erst bei Abnahme des Werkes verlangen, § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB. In Bauprozessen wird der Werklohnklage des Auftragnehmers deshalb häufig entgegengehalten, dass die Forderung nicht fällig sei, weil der Auftraggeber das Werk noch nicht abgenommen habe. Auf das Erfordernis der Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen verzichtet werden.
In der Entscheidung des OLG Brandenburg, Urteil vom 08.11.2018 – 12 U 25/16 hatte der Auftragnehmer Abdichtungsarbeiten an einer Gebäudefassade durchgeführt, die noch nicht abgenommen waren. Gegenüber dem Vergütungsanspruch verteidigte sich der Auftraggeber mit der fehlenden Abnahme und war der Auffassung, dass die vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen nicht geeignet sind, die Abdichtung des Gebäudes sicherzustellen. Der Auftraggeber machte nur auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsrechte geltend, er verlangte vom Auftragnehmer also nicht mehr, die Leistung vertragsgerecht durchzuführen. Danach standen sich nur noch Zahlungsansprüche gegenüber; Auf Zahlung gerichtete Ansprüche des Auftraggebers können Vorschussansprüche zur Mängelbeseitigung, Schadensersatzansprüche oder die Minderung des Werklohns sein. Es bestand ein sog. Abrechnungsverhältnis, das dazu führt, dass für die Fälligkeit des Werklohns die Abnahme nicht mehr Voraussetzung ist (vgl. auch OLG Brandenburg, Urteil vom 15.03.2018 – 12 U 82/17; grundlegend dazu BGH, Urteil vom 23.06.2005 – VII ZR 197/03). Soweit kein Novum. Interessant ist allerdings, dass das Gericht zur Feststellung des Abrechnungsverhältnisses auf die Sicht des Auftraggebers abstellt, nach dessen Auffassung („aus Sicht der Beklagten…“) es dem Auftragnehmer nicht mehr möglich war, die gerügten Mängel zu beseitigen und eine dichte Fassade als Werkerfolg zu leisten. Der Auftraggeber ging hier wohl davon aus, dass die vom Auftragnehmer angebotenen Leistungen völlig ungeeignet waren.
Das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung – eine Abnahme war hier nicht mehr erforderlich – war für den Auftragnehmer erfreulich, weil sein Anspruch damit fällig war und ihm der Vergütungsanspruch zugebilligt wurde. Wenn der Vertrag – was aus der Entscheidung im Detail nicht herauszulesen ist – allerdings vorsah, dass der Auftragnehmer eine dichte Fassade (einschließlich hierfür erforderlichen Planungsleistungen) schuldete, erscheint es fragwürdig, wenn zur Beurteilung des Abrechnungsverhältnisses alleine auf die Sicht des Auftraggebers abgestellt würde. Nach der grundlegenden BGH-Entscheidung (s.o.) wird ein Abrechnungsverhältnis dann begründet, wenn der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch hat und dem Auftraggeber allein auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche wegen der unvollständigen oder mangelhaften Fertigstellung des Werks zustehen.
Grundsätzlich können damit weitere Gewährleistungsrechte gegenüber dem Auftragnehmer nur dann geltend gemacht werden, wenn die ihm zum Zwecke der Nacherfüllung gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist. Der Auftragnehmer muss Gelegenheit gehabt haben, Mängel zu beseitigen. Es kann danach nicht (allein) auf die Sicht des Auftragnehmers oder des Auftraggebers ankommen.
Johannes Grote
Rechtsanwalt