Sie verwenden einen veralteten Web-Browser. Bitte aktualisieren Sie ihren Web-Browser für ein besseres Internet-Erlebnis.
Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hessen vom 21.09.2018 führt eine Auswertung privater E-Mails von Arbeitnehmern zu einem Verwertungsverbot. Ein Arbeitgeber verstößt gegen § 32 Abs. 1 BDSG a.F., wenn er aufgrund eines vagen Hinweises, wonach der Arbeitnehmer sich in geschäftsschädigender Weise über den Arbeitgeber geäußert habe, E-Mails des Arbeitnehmers auswertet. Durch diesen Verstoß gegen das Datenschutzrecht entsteht ein „Sachvortragsverwertungsverbot“ nach Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1, 2 Abs. 1 GG und Art. 103 GG.
In dem Verfahren ging es um einen Arbeitnehmer, der am 28.02.2017 eine Eigenkündigung zum 31.05.2017 aussprach. Der Arbeitnehmer hat mit Schreiben vom 07.03.2017 den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Zwei Tage später erfuhr der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer sich in geschäftsschädigender Weise im Zeitraum von Februar 2016 bis März 2017 über diesen geäußert haben soll. Ein Nachweis hierfür fand der Arbeitgeber in einem Nachrichtenarchiv des Arbeitnehmers. Dort aufgefundene E-Mails sprachen eine deutliche, den Arbeitgeber schmähende Sprache. Noch am 14.03.2017 kündigte der Arbeitgeber außerordentlich aufgrund dieses Sachverhaltes, wogegen sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage wehrte. Zur außerordentlichen Kündigung siehe etwa § 626 BGB.
Der Grund für eine außerordentliche Kündigung lag durch die ehrverletzende Schmähkritik vor. Problematisch war für den Arbeitgeber allerdings, dass es sich bei dem Nachrichtenarchiv um einen Ordner des Arbeitnehmers handelte, der seiner Privatsphäre zuzuordnen ist. Die Auswertung und der Zugriff hierauf stelle einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Geschützt wäre der Arbeitnehmer als Absender der elektronischen Post, worin Parallelen zum Autor von Briefen zu sehen sind. Der Inhalt eines Briefes soll genau wie der Inhalt einer E-Mail durch Zugriff Unberechtigter geschützt sein.
Ein Schutz nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG a.F., der zum Zeitpunkt des Lesens der E-Mails galt und somit entscheidungsrelevant war, ist indes nicht gegeben. Der Arbeitgeber ließ sich nur von einem vagen Verdacht leiten. Ein Anhaltspunkt für eine Straftat und eine vergleichbare schwerwiegende Pflichtverletzung liegen hierin nicht. Der Arbeitgeber wandte ein, dass der Arbeitnehmer seine E-Mails hätte in einen Ordner verschieben müssen, der als privat gekennzeichnet ist. Bei Vertragsschluss wies der Arbeitgeber darauf hin, dass aus betrieblichen Gründen E-Mail-Boxen durch Anordnung des Vorgesetzten eingesehen werden können und dass Nachrichten, die in einem privaten Ordern abgelegt, davon ausgenommen seien. Außerdem empfahl der Arbeitgeber, private E-Mails nach dem Lesen gleich zu löschen. Zur Überwachung des elektronischen Schriftverkehrs am Arbeitsplatz führte der EGMR aus, dass das Ausmaß und der Anlass der Kontrolle möglichst im Vorfeld offensichtlich bekanntgemacht werden muss. Auch dies lag im konkreten Fall nicht vor.
Aus diesen Gründen durften die durch den Arbeitgeber gefundenen Beweise dem nicht verwertet werden.
Das BAG entschied im Jahre 2017 in einem ähnlich gelagerten Fall, dass der Arbeitgeber ohne sachlichen Grund den dienstlichen PC des Arbeitnehmers nicht überwachen darf, indem er die Eingaben nachverfolgt. Auch hier fehlte es an einem begründeten Verdacht, der den Einsatz von Überwachungsmittel wie etwa Keylogger-Software ermöglichen. Ergeben sich aus derartigen unzulässigen Methoden Beweise, die den Arbeitgeber zur Kündigung bewegen, so sind diese in einem anschließenden Kündigungsschutzverfahren nicht verwertbar.
Lukas Maxa LL.M. (Krakau)
Ralf Regel
Fachanwalt für Arbeitsrecht