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Die Probefahrt bei Fahrzeugkauf – für die meisten Autokäufer ist sie ein Muss. Ob gebraucht oder neu, der Käufer will das Fahrzeug kennenlernen und technisch prüfen. Verläuft die Probefahrt erfolgreich, ist der Verkauf so gut wie gesichert. Aber was passiert, wenn der Probefahrer die Probefahrt eben nicht nutzt, um zu einer Kaufentscheidung zu kommen, sondern einfach wegfährt und den Wagen an einen Dritten verkauft?
Mit dieser Frage hat sich der BGH in seinem Urteil vom 18.09.2020 - V ZR 8/19 - auseinandergesetzt.
In dem entschiedenen Fall hatte sich ein vermeintlicher Käufer mit einem gut gefälschten Ausweis bei einem Autohaus einen Wagen zur Probefahrt ausgeliehen. Das Autohaus händigte dem Interessenten den Fahrzeugschlüssel und eine Kopie der Zulassungsbescheinigung I aus. Der Probefahrer kehrte mit dem Wagen jedoch nicht mehr zurück, sondern verkaufte ihn an einen Dritten, erneut mit hochwertig gefälschten Papieren. Der Weiterverkauf flog auf, als die Behörde die Zulassung ablehnte, weil das Fahrzeug im System als gestohlen gemeldet war. Das Autohaus verlangte Herausgabe des Fahrzeuges und des Fahrzeugschlüssels vom Käufer aus § 985 BGB (Herausgabeanspruch des Eigentümers).
Dieser Anspruch hätte aber vorausgesetzt, dass das Autohaus noch Eigentümer des Fahrzeugs gewesen wäre. Das hat der BGH in seinem Urteil allerdings verneint, denn der Probefahrer hatte dem Käufer des Fahrzeugs wirksam das Eigentum übertragen. Grundsätzlich kann ein Käufer auch von einem Nichtberechtigten wirksam Eigentum erlangen, wenn er darauf vertraut, dass der Verkäufer Eigentümer ist (sog. Gutglaubenserwerb, § 932 Abs. 1 BGB). Der BGH hatte dazu angenommen, dass der Käufer wegen der gut gefälschten Fahrzeugpapiere nicht daran zweifeln musste, ob der Verkäufer tatsächlich Eigentümer war.
Zwar wäre die Eigentumsübertragung an den Käufer ausgeschlossen gewesen, wenn das Fahrzeug dem Autohaus abhandenkommen wäre, was bspw. bei gestohlenen Sachen der Fall ist (§ 935 Abs. 1 BGB). Das Autohaus hatte das Fahrzeug aber freiwillig herausgegeben – und hierauf kommt es an. Denn, so der BGH, eine Besitzaufgabe (also jede Hingabe einer Sache) ist freiwillig, auch wenn sie aufgrund einer Täuschung erfolgt. Im Ergebnis konnte der Käufer damit das Fahrzeug also gutgläubig erwerben und musste das Fahrzeug nicht an das Autohaus zurückgeben. Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche gegen den Probefahrer bestehen, helfen aber nur weiter, wenn der Probefahrer auch „greifbar“ ist. Das Verlustrisiko für ein Fahrzeug bei einer Probefahrt liegt damit beim Verkäufer. Er muss die Rahmenbedingungen der Probefahrt selbst regeln. Am besten ist es, er lässt das Fahrzeug nicht „allein“.
Johannes Grote
Rechtsanwalt