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Beliebtes Streitthema zwischen Besteller (Auftraggeber) und Unternehmer (Auftragnehmer) sind die Kosten, die für eine Fehlersuche entstehen. Der Auftraggeber vermutet und behauptet einen Mangel und fordert den Auftragnehmer zur Beseitigung auf. Der Auftragnehmer hingegen bestreitet den Mangel, für dessen Ursache eine Fehlersuche erforderlich ist, die Kosten verursacht. Soweit ein Mangel vorliegt, den der Auftragnehmer durch Nacherfüllung beseitigen muss, hat er auch die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen - also auch solche zum Aufsuchen des Mangels (bspw. Transportkosten, Sachverständigenkosten etc.) - zu tragen. Wie aber verhält es sich, wenn das Beseitigungsverlangen des Auftraggebers unberechtigt ist?
Der Auftragnehmer befindet sich in einer auf den ersten Blick in einem Dilemma. Ist er der Auffassung, dass kein Mangel vorliegt und verweigert er daraufhin die Nacherfüllung bzw. die Fehlersuche, trägt er das Risiko, sich bei Vorliegen eines Mangels schadensersatzpflichtig zu machen oder den Auftraggeber zum Rücktritt vom Vertrag zu veranlassen. Kommt er der Forderung des Auftraggebers nach und stellt bei seinen Untersuchungen fest, dass ein Mangel nicht gegeben ist, sind ihm Kosten entstanden, die er gegenüber dem Auftraggeber geltend machen muss.
In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 30.01.2019 - 2 - 16 S 121/18) ist dies dem Auftragnehmer – jedenfalls teilweise – erfolgreich gelungen.
Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer (Kfz-Werkstätte) beauftragt, eine Kupplung in das Fahrzeug des Auftraggebers einzubauen. Im Anschluss traten unangenehme Fahrgeräusche auf. Der Auftraggeber war der Ansicht, dass diese Fahrgeräusche nicht von der eingesetzten Kupplung stammen, er tauschte dennoch die erst eingesetzte Kupplung aus. Seine Bemühungen führten nicht dazu, dass auch die Geräusche verschwanden. Eine dann durchgeführte Sachverständigenbegutachtung durch den Auftraggeber ergab, dass ein Getriebeschaden vorlag. Ein Zusammenhang mit den Arbeiten des Auftragnehmers bestand nicht.
Der Auftragnehmer verlangte nun vom Auftraggeber die Bezahlung seiner Bemühungen. Gegenüber dem Auftraggeber verweigert er die Herausgabe des Fahrzeuges, das sich noch in seiner Werkstätte befand. Das Landgericht Frankfurt am Main stellt in seiner Entscheidung klar, dass zwischen den Parteien kein Werkvertrag über den (erneuten) Ein- und Ausbau des Getriebes zustande gekommen ist. Ausdrücklich hatten die Parteien hierzu nichts vereinbart, ein Vertrag sei aber auch nicht durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen, weil der Auftraggeber davon ausgegangen sei, dass er ihm zustehende Mängelrechte geltend mache. Der Auftragnehmer könne deswegen nicht wegen Bestehens eines Werkunternehmerpfandrechts (§ 647 BGB) die Herausgabe des Fahrzeugs verweigern. Er könne jedoch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, weil der Auftraggeber durch die Leistungen des Auftragnehmers bereichert sei. Er schulde daher Wertersatz für die Leistungen des Auftragnehmers, die noch in seinem Vermögen, also dem des Auftraggebers, vorhanden seien. Das Gericht entschied, dass zum Umfang der Bereicherung jedenfalls die Kosten für den Ein- und Ausbau des Getriebes umfasst, weil diese vorbereitende Maßnahmen zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs darstellen. Nach dem Kupplungstausch durch den Auftragnehmer habe festgestanden, dass das Getriebe defekt sei, sodass der Auftraggeber weitere Kosten für eine Fehlersuche erspart habe. Was die Forderungshöhe angehe, richte sich diese nach dem Interesse der Auftraggeberin an einer korrekten Fehlersuche. Mangels anderer Ansatzpunkte entspreche dieses Interesse den tatsächlich entstandenen Kosten für den Ein- und Ausbau der Kupplung.
Soweit erscheint die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main für Auftragnehmer erfreulich. Der Auftragnehmer hatte allerdings über die Ein- und Ausbaukosten bei der Kupplung das Fahrzeug transportiert und für einen gewissen Zeitraum aufbewahrt (Standkosten), auf denen er im Ergebnis sitzen geblieben ist. Die Handhabung der Fälle bleibt damit nicht einfach. Generell ist die Rechtsprechung zurückhaltend, was die oben genannten Kostenerstattungsansprüche von Auftragnehmern betrifft. Der Auftragnehmer sollte mit dem Auftraggeber vereinbaren, dass dieser die Leistungen vergüten muss, wenn sich herausstellt, dass der Mangel nicht im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegt. Eine solche Vereinbarung führt zur Klarheit für beide Seiten und kann einen gerichtlichen Rechtsstreit vermeiden. Zu beachten ist aber, dass der Auftragnehmer grundsätzlich Behauptungen zu Mängeln selbst prüfen und entscheiden muss, ob er leistungsverpflichtet ist oder nicht. Von der vorgenannten Vereinbarung darf er jedenfalls seine Tätigkeit nicht abhängig machen. Demgegenüber trägt der Auftraggeber das Risiko, dass die Ursache für einen Mangel aus seinem eigenen Verantwortungsbereich stammt. Erkennt der das – mindestens fahrlässig – nicht und wird der Auftragnehmer tätig, muss der Auftraggeber für die Leistungen des Auftragnehmers Schadensersatz zahlen.
Die Problematik besteht gleichermaßen im Kaufrecht. Bei einem Kaufvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer über eine bewegliche Sache (Verbrauchsgüterkauf) kann der Käufer außerdem für Kosten im Zusammenhang mit der Nacherfüllung gemäß §§ 439 Abs. 2, 475 Abs. 6 BGB einen Vorschuss verlangen. Das betrifft bspw. den Fall, dass der Käufer eines PKW gegenüber seinem Verkäufer einen Mangel am Fahrzeug geltend macht, das Fahrzeug aber zum Verkäufer zur Überprüfung transportiert werden muss. Auf Verlangen muss der Verkäufer einen Vorschuss für die erforderlichen Transportkosten gewähren. Stellt sich im Anschluss heraus, dass das Fahrzeug nicht mit einem Mangel behaftet war, kann der Verkäufer den Vorschuss zurück verlangen.
Johannes Grote
Rechtsanwalt