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Die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) bestimmt die Honorare von Architekten und Ingenieuren nach einheitlichen Kriterien mit Mindest- und Höchstsätzen für Planungsleistungen. Diese Regelungen werden derzeit unter die europarechtliche Lupe des EuGH (Gerichtshof der Europäischen Union – Az: C-377/17) genommen.
Europäische Kommission hält HAOI für europarechtswidrig
Die Europäische Kommission hatte bereits 2015 gegenüber der Bundesrepublik Deutschland Bedenken hinsichtlich der Europarechtskonformität der HOAI geäußert. Nach Ansicht der Kommission erschwerten die Regelungen den Marktzugang von neuen Dienstleistern aus anderen EU-Ländern. Denn diese dürften die Mindestsätze der HOAI nicht unterbieten, sodass es für sie ungleich schwerer sei, am deutschen Markt Fuß zu fassen und einen Kundenstamm aufzubauen. Aus diesem Grund hatte die Kommission Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen eines Verstoßes gegen die Richtlinie für Dienstleistungen im Binnenmarkt (2006/123/EG) erhoben.
Die Richtlinie für Dienstleistungen im Binnenmarkt
Nach Art. 15 Abs. 1 & 2 der Richtlinie darf ein Mitgliedstaat grundsätzlich keine Anforderungen an die Aufnahme oder die Ausübung von Dienstleistungen in seinem Hoheitsgebiet stellen. Im Ausnahmefall können Anforderungen aber gerechtfertigt werden, solange sie Angehörige anderer Mitgliedstaaten nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit (oder bei Gesellschaften aufgrund des satzungsmäßigen Sitzes) diskriminieren. Liegt keine solche Diskriminierung vor, ist die Rechtfertigung solchen Anforderung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses möglich, wenn diese zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist, es sonst kein weniger einschneidendes Mittel gibt und die Anforderung nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck steht (Art 15 Abs. 3 der Richtlinie).
Die Schlussanträge des Generalanwaltes
In seinen Schlussanträgen führt der Generalanwalt des EuGH Spuznar aus, dass zwar mit den Regelungen der HOAI keine Diskriminierung vorliege, wohl aber eine europarechtswidrige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Denn der Preis einer Dienstleistung sei im Wettbewerb mit anderen Konkurrenten der maßgebliche Faktor. Nehme man einem Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit einen bestimmten Preis zu unterbieten, nehme man ihm auch einen Teil seiner Wettbewerbsfähigkeit.
Auch das Argument der Bundesrepublik Deutschland, die Mindestsätze seien wegen dem besonderen öffentlichen Interesse an qualitativ hochwertigen Planungsleistungen gerechtfertigt, überzeugt den Generalanwalt nicht. Nach seiner Auffassung hatte die Bundesrepublik in den Verhandlungen schon nicht nachgewiesen, dass ein System ohne Mindestpreis zwingend dazu führe, dass Dienstleistungen guter Qualität den Markt verlassen und durch solche niedriger Qualität ersetzt würden.
Weiter führt der Generalanwalt aus, dass selbst wenn man einen solchen Zusammenhang annehme und ein Mindestpreis zur Qualitätssicherung geeignet sei, fehle es an der notwendigen Erforderlichkeit. Denn die Qualität der Dienstleistungen und damit die Sicherheit der Verbraucher könne auch durch andere Maßnahmen wie etwa berufsethische Normen, Haftungsregelungen und staatliche Richtpreise erreicht werden.
Fazit
Der Europäische Gerichtshof folgt in aller Regel den Schlussanträgen des Generalanwalts. Es ist daher zu erwarten, dass sich Architekten und Ingenieure in Zukunft von den Mindestpreisen in der HOAI verabschieden müssen. Gleichzeitig bedeutet dies, dass der Marktzugang für Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten erleichtert wird. Ob es deshalb zu einem Qualitätsverlust der Planungsleistungen kommt, wird sich zeigen.
Rasmus von Schwerdtner
Rechtsreferendar
Dr. Michael Borchard
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht