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Im Rahmen des Konjunkturpakets hat der Bund beschlossen, die Umsatzsteuer (umgangssprachlich auch als Mehrwertsteuer bekannt) vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19% auf 16% zu reduzieren.
Für den Konsum von Alltagsgütern mag diese Senkung, die effektiv etwa 2,5% beträgt, sich nicht sonderlich in der Geldbörse bemerkbar machen. Anders ist dies jedoch, wenn es um kostspieligere Anschaffungen geht. Wer gerade dabei ist, ein Haus zu bauen, zahlt bei einem Auftragsvolumen von brutto 400.000 EUR am Ende immerhin nur noch etwa 336.000 EUR, spart also mehr als 60.000 EUR.
Die wenigsten Bauprojekte werden allerdings innerhalb von 6 Monaten begonnen und abgeschlossen. Es stellt sich deshalb die Frage, wie man bei derzeit durchgeführten Bauvorhaben von der Umsatzsteuersenkung profitiert. Der für die Berechnung der Umsatzsteuer ausschlaggebende Zeitpunkt ist die Fertigstellung des Werkes. Bei Bauvorhaben ist dies regelmäßig die Abnahme bzw. die Abnahmereife. Fällt die Abnahme in den Zeitraum zwischen Juli und Dezember 2020, fällt nur ein Umsatzsteuersatz von 16% an. Wer sein Bauvorhaben also in nächster Zeit fertigstellt, kann profitieren.
Vertragliche Vereinbarungen beachten
Dabei ist jedoch zu beachten, welcher Betrag mit der Baufirma vertraglich vereinbart wurde. Wenn der Vertrag eine netto Bausumme zuzüglich Umsatzsteuer vorsieht, so berechnet sich der brutto zu zahlende Betrag mit der Umsatzsteuer, die zum Zeitpunkt der Fertigstellung gilt. In diesem Fall kommt dem Bauherrn die Umsatzsteuersenkung vollständig zu gute. Etwas anderes ergibt sich allerdings, wenn schon im Bauvertrag eine brutto Bausumme vereinbart wurde. Dann ist der Auftraggeber zunächst an die vereinbarte Summe gebunden und die Baufirma profitiert von der Mehrwertsteuersenkung. In solchen Fällen scheint es doch möglich, eine Anpassung der vertraglich vereinbarten Summe nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu verlangen. Denn häufig dürften die Parteien von einer Umsatzsteuer von 19% ausgegangen sein und hätten den identischen Vertrag wohl mit niedrigerer Steuer vereinbart. Dies ist jedoch stark von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
Ausschlaggebend ist die Fertigstellung des Bauvorhabens
Aufwendigere Bauvorhaben nehmen in der Regel einen Zeitraum von mehreren Monaten bis hin zu einigen Jahren in Anspruch. In solchen Fällen wird häufig mit Abschlägen gearbeitet, wonach ein bestimmter Betrag bereits beglichen wird, bevor das Bauvorhaben fertig gestellt und abgenommen ist. Diese werden durch Abschlagsrechnungen verlangt, in denen die Umsatzsteuer ausgewiesen wird, die in dem Moment der Rechnungsstellung gilt. Geschieht dies im Herbst 2020, wird der reduzierte Umsatzsteuersatz ausgewiesen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Abschlagsrechnung in der Schlussrechnung aufgeht. Das heißt, dass der Betrag der Schlussrechnung maßgeblich ist. Wird die Schlussrechnung erst 2021 gestellt, weil das Bauwerk erst dann abgenommen wird, ist eine Umsatzsteuer von 19% fällig. Wurden im Herbst 2020 Abschlagszahlungen geleistet, die nur mit 16% besteuert worden sind, so ist der Differenzbetrag mit der Schlussrechnung zu begleichen. Die scheinbare Ersparnis durch die Abschlagsrechnung mit verminderter Umsatzsteuer löst sich dann in Luft auf.
Wesentlich von der Steuersenkung profitiert damit nur, wer sein Bauvorhaben noch vor dem 31.12.2020 abnehmen kann und eine entsprechende Schlussrechnung mit 16% Umsatzsteuer erhält. Dies gilt auch dann, wenn vorher bereits Abschlagsrechnungen mit einer Umsatzsteuer von 19% beglichen wurden. Maßgeblich ist die Schlussrechnung, sodass hier dem Bauherrn der Differenzbetrag zu erstatten ist.
Etwas anderes kann zwar gelten, wenn mit der Baufirma die Ausführung von selbstständigen Teilleistungen vereinbart wurde. Diese werden selbstständig abgenommen und mit eigenständiger Rechnung beglichen – mit 16% Umsatzsteuer, wenn die Teilleistung vor dem 31.12.2020 abgenommen wird. Hierbei ist jedoch Vorsicht walten zu lassen, denn die Voraussetzungen für eine Teilleistung liegen nicht immer vor und häufig ist es rechtlich sinnvoller, von einem einheitlichen Bauvertrag ohne Teilleistungen auszugehen.
Quellen:
www.anwalt.de
www.handwerksblatt.de
www.bau-welt.de
Dr. Michael Borchard
Rechtsanwalt