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LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2021 – 12 Sa 23/21
Die Elternzeit und damit das Kündigungsverbot während der Elternzeit enden, sobald eine der materiellen Voraussetzungen der Elternzeit gem. § 15 Abs. 1, 1a BEEG nachträglich wegfällt (z.B. wegen Wechsels der Betreuungsperson). Auf die Zustimmung der Arbeitgeberin kommt es nicht an. § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG ist nicht anwendbar.
Worum ging es?
Wer in Elternzeit ist, hat besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung des Arbeitgebers ist in Elternzeit nur mit behördlicher Zustimmung möglich. Wie schnell dieses Kündigungserschwernis wegfallen kann, zeigt der vorliegende Fall: Die Mitarbeiterin war seit 2009 bei der Beklagten beschäftigt und befand sind, von April 2019 bis April 2022 in Elternzeit. Ab April 2020 arbeitete sie in Teilzeittätigkeit während der Elternzeit. Am 24.7.2020 zog die Klägerin aus dem Haus der Familie aus. Im Juli 2020 verfasste die Mitarbeiterin auf ihrem Facebook-Account mehrere öffentlich sichtbare Posts über Führungskräfte des Arbeitgebers, in denen sie die Führungskräfte beleidigte und diese vollständig namentlich benannte und Fotos von ihnen zeigte. Nach erfolgter Betriebsratsanhörung kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Das LAG Baden-Württemberg hat die fristlose Kündigung für rechtmäßig erklärt, die Begründung ist sehr gut nachvollziehbar:
Die Kündigung ist insbesondere nicht gemäß § 134 BGB i. V. m. § 18 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 BEEG wegen bestehender Elternzeit unwirksam, besonderer Kündigungsschutz besteht nicht mehr. Die Klägerin hat sich Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 1 nicht mehr in Elternzeit befunden, weil mit dem Auszug aus dem Haus der Familie die Voraussetzungen des Anspruchs auf Elternzeit gem. § 15 I Nr. 1, 2 BEEG entfallen sind, da kein gemeinsamer Haushalt mehr mit den Kindern bestanden hat. Sinn und Zweck der Elternzeit sei es, den Arbeitnehmern zu ermöglichen, ihre Kinder soweit wie möglich persönlich zu erziehen und zu betreuen. Die Grundlage für die Elternzeit ist ab dem Zeitpunkt des Auszugs aus dem gemeinsamen Haushalt entfallen, weil die Mitarbeiterin das Kind nicht mehr betreute.
Das Ende der Elternzeit bei nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen hängt auch nicht gem. § 16 III 1 BEEG von einer Einigung mit dem Arbeitgeber ab, weil diese gesetzliche Regelung bei nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen der Elternzeit nicht anwendbar sei. Sie gilt nur für den Fall, dass die Voraussetzungen der Elternzeit fortbestehen, diese aber dennoch frühzeitig beendet werden soll.
Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg ist überzeugend. Fällt der Umgang mit dem Kind weg, fehlt die Grundlage für die Elternzeit i. S. d. § 15 I BEEG, damit aber entfällt konsequenterweise auch der besondere Kündigungsschutz. Die Revision ist beim BAG unter dem Az. 2 AZR 466/21 anhängig.
Ralf Regel
Fachanwalt für Arbeitsrecht