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Im Urteil vom 27.10.2022, Az. I ZR 141/21 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach dem sogenannten Hamburger Brauch regelmäßig erst dann beginnt, wenn die Vertragsstrafe der Höhe nach benannt und geltend gemacht wird.
Was ist der Hamburger Brauch?
Vertragsstrafen werden häufig z.B. bei Wettbewerbsverstößen oder Verstößen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (Typischer Fall: Verletzung von Urheberrechten) vereinbart. Beim sogenannten Hamburger Brauch darf – für den Fall der erneuten Verletzung eines Rechts – der Verletzte die Höhe der Vertragsstrafe festlegen und der Verletzter kann die Höhe der festgelegten Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen lassen.
Zur Verjährung des Anspruchs auf Vertragsstrafe:
Im oben entschiedenen Fall hatten die Jahr 2013 vereinbart. Bis im Jahr 2014 waren die Lichtbilder durch den Verletzer entgegen der vertraglichen Absprache für die Öffentlichkeit im Internet zugänglich. Im Jahr 2016 legte der Verletzte die Höhe der Vertragsstrafe fest und verlangte diese per E-Mail von dem Verletzer. Erst im Jahr 2019 ging dem Verletzer ein Schreiben des Verletzten per Post zu, mit dem die Vertragsstrafe nochmal geltend gemacht wurde. Der Verletzte erhob sodann Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe.
Bei Erhebung der Klage lag die Verletzung, d.h. die Veröffentlichung der Bilder, mehr als 3 Jahre zurück (es galt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnend mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist,§§ 195, 199 BGB). Der Verletzer berief sich deshalb auf die Verjährung. Der Verletzer hatte argumentiert, dass der Verletzte die Vertragsstrafe schon früher hätte festlegen können, weil er bei Kenntnis der Verletzung den Umfang des vertragswidrigen Verhaltens des Verletzers kannte und deswegen die Verjährung bereits in diesem Zeitpunkt beginnen sollte.
Der Bundesgerichtshof entschied aber, dass es beim Hamburger Brauch für den Verjährungsbeginn nicht alleine auf den Zeitpunkt der Verletzungshandlung ankommt, sondern auch auf den Zeitpunkt, wann der Verletzte die Höhe der Vertragsstrafe festgelegt hat und gegenüber dem Verletzer geltend macht. Der Verletzte musste daher die Vertragsstrafe bezahlen.
Daraus folgt, dass bei einer vereinbarten Vertragsstrafe nach Hamburger Brauch durchaus eine gewisse Zeit vergehen kann, bis der Verletzte seine Vertragsstrafe festlegt.
Der Bundesgerichtshof fügte seiner Entscheidung aber hinzu, dass der Verletzte aufgrund der vertraglich festgelegten Strafzahlung auf Rechte und Interessen des Verletzers Rücksicht nehmen muss. Er darf sich danach mit der Festlegung der Vertragsstrafe nicht so lange Zeit lassen, dass für den Verletzer der Eindruck entsteht, der Verletzte werde seine Rechte aus der Vertragsstrafenvereinbarung überhaupt nicht mehr ausüben.
Der Fall zeigt, dass alleine das Zuwarten weniger Jahre für sich genommen noch nicht dafür ausreicht, dass der Verletzte darauf vertrauen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird.
Johannes Grote
Rechtsanwalt