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Mit seiner Entscheidung vom 25.01.2022 - II ZR 50/20 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Gesellschafter einer GmbH Ansprüche der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer nicht im eigenen Namen geltend machen kann; Die Geltendmachung solcher Ansprüche unterliegt grundsätzlich der Bestimmung der Gesellschafterversammlung.
Der Kläger war als Minderheitsgesellschafter an einer GmbH beteiligt. Der Beklagte, der Fremdgeschäftsführer der GmbH, schloss für die Gesellschaft ein internationales Liefergeschäft ab. Die Zahlung des Kaufpreises sollte dadurch erfolgen, dass der Gesellschaft Ansprüche eines Zwischenhändlers abgetreten werden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die abgetretenen Ansprüche des Zwischenhändlers nicht werthaltig waren. Der Gesellschaft entstand ein Forderungsausfall in Höhe von rund einer Million Euro. Der Kläger machte den Beklagten als Geschäftsführer für den Forderungsausfall verantwortlich. Er erhob – ohne vorher einen Gesellschafterbeschluss hierüber herbeizuführen – im eigenen Namen Klage wegen fehlerhafter Geschäftsführung und verlangte vom Geschäftsführer die Zahlung von Schadensersatz an die Gesellschaft.
Das Oberlandesgericht hatte die Klage des Gesellschafters gegen den Geschäftsführer für zulässig gehalten und hierfür keinen Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Inanspruchnahme des Geschäftsführers nach § 46 Nr. 8 GmbHG verlangt. Aufgrund der Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft habe der Kläger als Minderheitsgesellschafter nicht damit rechnen können, für sein Interesse das erforderliche Mehrheitsverhältnis bei einer Beschlussfassung zu erlangen. Es wäre deshalb bloße Förmelei gewesen, vom Kläger die Einholung eines Gesellschafterbeschlusses zu verlangen.
Dem ist der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung entgegengetreten. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass ein Gesellschafter im Allgemeinen nicht befugt ist, einen Schaden, den ein Dritter der GmbH zugefügt hat, als eigenen Schaden geltend zu machen. Dies gilt auch für den Schaden, den ein Fremdgeschäftsführer verursacht hat.
Zwar kann es für die Geltendmachung von Ansprüchen durch einen einzelnen Gesellschafter Ausnahmen geben, z.B. im Fall der sogenannten actio pro socio. Dabei wird nach der Rechtsprechung einem Gesellschafter zugestanden, Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf Leistung an die Gesellschaft im eigenen Namen gegen einen Mitgesellschafter geltend zu machen. Die Berechtigung, derartige Ansprüche geltend zu machen, hat ihre Wurzeln jedoch in der gesellschaftsrechtlichen Beziehung der Gesellschafter untereinander. Bei Ansprüchen außerhalb dieses Gesellschaftsverhältnisses – wie hier gegenüber einem Fremdgeschäftsführer, der nicht an der Gesellschaft beteiligt ist – besteht diese Berechtigung, Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen, jedoch nicht.
Auch in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) könne ein Gesellschafter selbst Ansprüche der Gesellschaft geltend machen, insbesondere wenn bei einem schädigenden Ereignis der Schuldner am gesellschaftswidrigen Verhalten mitbeteiligt sei. Dann müsse ein Gesellschafter keinen unnötigen Umweg gehen und zuerst seine(n) Mitgesellschafter auf Mitwirkung an der Schadensgeltendmachung verklagen. Die Rechtsprechung erstreckt sich bislang jedoch nur auf Personengesellschaften. Vergleichbare Umstände sah der BGH hier nicht als gegeben an. Ob die Übertragung der Rechtsprechung auf die GmbH grundsätzlich in Betracht kommt, ließ der BGH deshalb offen.
Die Entscheidung zeigt, dass die Inanspruchnahme eines Fremdgeschäftsführers auf Schadensersatz gründlich vorzubereiten ist. Dabei darf die Herbeiführung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses nicht übergangen werden, auch wenn dies für den einzelnen Gesellschafter praktisch mit Schwierigkeiten verbunden ist, weil er vielleicht für die erforderliche Stimmenmehrheit keine Mitstreiter findet.
Johannes Grote
Rechtsanwalt