Sie verwenden einen veralteten Web-Browser. Bitte aktualisieren Sie ihren Web-Browser für ein besseres Internet-Erlebnis.
Durch den Virus Sars-CoV-2, den Coronavirus, fühlen sich weltweit Menschen gezwungen Atemschutzmasken zu tragen. Nun ist auch die Justiz betroffen. Ein Zivilrichter am Amtsgericht Hagen verpflichtet durch eine sitzungspolizeiliche Anordnung nun alle Prozessteilnehmer zum Tragen von Atemschutzmasken.
Entgegen mancher Zweifel ist diese sitzungspolizeiliche Anordnung rechtmäßig. Denn nach §176 Abs.1 GVG obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung dem Vorsitzenden. Daher ist der Vorsitzende berechtigt, notwenige Maßnahmen zur Wahrung der äußerlichen Ordnung und störungsfreien Arbeitsausübung der Gerichte und Prozessbeteiligten zu verhängen. Der Schutz der Gesundheit aller Verfahrensbeteiligten gehört dabei zur äußerlichen Ordnung. Allerdings ist zu betonen, dass eine solche sitzungspolizeiliche Anordnung lediglich die Verfahren des einzelnen Zivilrichters betreffen. Eine grundsätzliche Verordnung für das AG Hagen oder sonstige Gerichte gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Der Anordnung widerspricht keinesfalls §176 Abs.2 GVG, der die ganze oder teilweise Verhüllung des Gesichts der Prozessbeteiligten während der Verhandlungssitzung nur in Ausnahmefällen gestattet. Bei der vorliegenden Situation wird es sich wohl um so einen Ausnahmefall handeln.
So trägt der Richter selbst Atemschutzmaske und Handschuhe während den Verfahren. Wird die Anordnung von den Prozessbeteiligten missachtet, kann die Verhandlung abgebrochen und sitzungspolizeiliche Maßnahmen, beispielsweise in Form von Ordnungsgeldern, verhängt werden. Grundsätzlich dürfen jegliche Beteiligte oder Zuschauer ohne Maske nicht am Geschehen der Verhandlung teilnehmen.
Im Zuge der rasanten Verbreitung des Coronavirus sind die Bestände der Atemschutzmasken jedoch rar. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Anwalt oder auch eine nicht anwaltlich vertretene Partei unter den Voraussetzungen der sitzungspolizeilichen Anordnungen nicht erscheinen kann. Daran anschließend kann zum einen ein Versäumnisurteil gegen die betroffene Partei verhängt werden. Zum anderen kann die Verhandlung von Amts wegen nach §337 ZPO vertagt werden, wenn die Partei ohne ihr eigenes Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Bei Nichterscheinen der Zeugen oder Sachverständiger können gemäß §§380, 409 ZPO entweder Ordnungsmittel verhängt und Kosten auferlegt oder ihr Nichterscheinen nach §381 ZPO entschuldigt werden. Grundsätzlich ist das Eigenverschulden nicht gegeben, wenn die sitzungspolizeiliche Anordnung bereits rechtswidrig war. Liegt keine Rechtswidrigkeit der Anordnung vor, kann von einem Verschulden nur ausgegangen werden, wenn die Anordnung früh genug an die Prozessbeteiligten übermittelt wurde und die Beschaffung der Atemschutzmasken im Rahmen ihrer Möglichkeiten stand. War die Beschaffung außerhalb der Möglichkeiten, kann verlangt werden, dass ein ernsthaftes Bemühen glaubhaft gemacht werden muss.
Es ist fraglich, ob die in Hagen veröffentliche sitzungspolizeiliche Anordnung wirklich sinnvoll ist. Als Alternative stehen schriftliche Verfahren oder Verfahren per Videokonferenz zur Verfügung. Trotz dem hochansteckenden Coronavirus werden Verhandlungen also weiterhin möglich sein. .
Josefine Schütz
Studentin der Universität Heidelberg
Hanno Stangier
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht