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Schon in unserem Beitrag vom 27.03.2019 ging es um eine gerichtliche Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe (Urteil vom 21.03.2019 - 13 O 38/18 KfH), in der über die Frage zu entscheiden war, ob Influencer, also Personen die wegen ihrer starken Präsenz in sozialen Netzwerken als Werbeträger in Frage kommen, dazu verpflichtet sind, veröffentlichte Beiträge als Werbung für Produkte zu kennzeichnen. Die aktuell bedeutendste Werbe-Plattform mit über einer Milliarde Benutzern ist Instagram, ist ein seit 2010 bestehender Onlinedienst, der zum Unternehmen Facebook Inc. gehört. Auf der Plattform teilen Mitglieder Fotos und Videos mit anderen Mitgliedern und erreichen auch weitere Plattformen, wie z.B. Facebook.
Bei den rechtlichen Auseinandersetzungen geht es um Ansprüche auf Unterlassung nach dem Recht des unlauteren Wettbewerbs (UWG). Die Anspruchsteller können entweder Mitbewerber, Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, Qualifizierte Einrichtungen nach § 4 UklaG (darunter insbes. Verbraucherzentralen), oder Industrie- und Handelskammern sein. Diese erheben den Vorwurf, dass es sich bei bestimmten Beiträgen um Schleichwerbung nach § 5a Abs. 6 UWG handelt und nicht sämtliche Adressaten des Beitrags das gewerbliche Handeln der Influencer erkennen können. Der Beitrag sei deshalb – ohne dass sich das auch aus den Umständen ergebe - geeignet, den Betrachter zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Beiträge zeigen bei einem Klick auf den Beitrag bzw. das Bild (häufig auch ein Video) Schaltflächen mit dem Namen der Produkthersteller, die auf den gezeigten Produkten verankert sind und mit einem Link hinterlegt sind, über den der Betrachter auf Instagram-Account des Produktherstellers weitergeleitet wird (sog. „Tap Tags“ – im Unterschied zu „Hashtags“, die im Begleittext hinterlegt werden). Viele Influencer erhalten für diese Tags eine Vergütung von Produktherstellern.
Prominente Beklagte war nun in einem weiteren Rechtsstreit vor dem Landgericht München I (Urteil vom 29.04.2019 – 4 HKO 14312/18), Frau Cathy Hummels, die Ehegattin von Fußball-Profi Mats Hummels. Gegenüber ihren 485.000 Abonnenten auf Instagram veröffentlicht diese regelmäßig Beiträge von sich selbst u. a. zu den Themen Yoga, Reisen, Beauty und Mode. Sie zeigt dabei Produkte unter Hinweis auf den Hersteller. Konkret ging es um ein Foto von Frau Hummels mit einem Steiff-Elefanten – eine Vergütung erhielt Frau Hummels für diese Veröffentlichung nicht. Das LG München I bejahte eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, auch wenn sie keine Gegenleistung des verlinkten Unternehmens erhalte, weil Frau Hummels als Influencer dennoch durch solche Beiträge eigene geschäftliche Aktivitäten als auch solche eines fremden Unternehmens fördere. Durch die Präsentation des Produktes in Verbindung mit Frau Hummels als in der Öffentlichkeit bekannte Person werde dieser Werbeeffekt noch verstärkt.
Das Gericht verneinte allerdings eine unlautere Handlung, weil hier das kommerzielle Handeln aus den Umständen erkennbar sei:
- Es handele sich um ein verifiziertes Profil mit einem blauen Haken [Ein blauer Haken kennzeichnet auf Instagram eine „notable public fugure, celebrity, global brand or entity it represents“ – Also eine prominente Person oder eine bekannte Marke.]
- Der Betrachter erkenne aus der Abonnentenzahl von 485.000, dass es sich nicht um wirkliche Freunde handele, sondern mit dem Profil auch kommerzielle Zwecke verfolgt würden
- Das Profil sei für jedermann öffentlich zugänglich
- Das Profil richte sich an eine bestimmte Zielgruppe, nämlich Erwachsene Frauen
Auch wenn das Gericht betont, dass gerade die Erkennbarkeit des kommerziellen Zwecks für jeden Einzelfall geprüft werden müsse und die hier getroffene Entscheidung nicht ohne weiteres auf andere Konstellationen übertragen werden könne, schaffen die vom Gericht gewählten Kriterien keine klare Abgrenzung.
Das LG München I setzt sich auch mit der in unserem Beitrag vom 27.03.2019 behandelten und lesenswerten Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe (Urteil vom 21.03.2019 - 13 O 38/18 KfH) auseinander, teilt aber die dortige Einschätzung zur Beurteilungsfähigkeit der angesprochenen Zielgruppe nicht. Das LG Karlsruhe hatte die Influencerin Pamela Reif wegen fehlender Kennzeichnung von Beiträgen als Werbung verurteilt. Zwar richteten sich die Beiträge an eine andere Zielgruppe – insbesondere auch an sehr junge Abonnentinnen. Das LG Karlsruhe führte aber – und das ist aus Sicht des Verfassers wesentlich – unter Verweis auf einschlägige Literatur aus, dass es gerade das Wesen der Influencer-Werbung sei, dass ein Influencer immer zugleich an seinem Image und seiner Authentizität arbeite, wozu er passende Marken und Artikel bewerbe. Die Werbebotschaft trifft dabei den Abonnenten oder Betrachter bei ungekennzeichneten Beiträgen mit privater Aufmachung besonders subtil.
So nachvollziehbar das Bedürfnis ist, auch als Influencer private Beiträge zeigen zu können, ohne Markenartikel als Werbung kennzeichnen zu müssen; den guten Argumenten der Entscheidung des LG Karlsruhe tritt die Entscheidung des LG München I nicht überzeugend entgegen.
Johannes Grote
Rechtsanwalt