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Anlass dieses Beitrags ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.01.2024, Az. II ZR 220/22.
In einer Gesellschafterversammlung einer GmbH wurde der Geschäftsführer der GmbH abberufen. Zwei Tage nach seiner Abberufung verkaufte der abberufene Geschäftsführer der GmbH mit notariellem Kaufvertrag das Grundstück der GmbH, deren einziges Vermögen, an einen Käufer.
Zu entscheiden war die Frage, ob der Geschäftsführer der GmbH, der bereits abberufen war, den notariellen Kaufvertrag noch wirksam abschließen konnte.
Die Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers muss nach § 39 Abs. 1 GmbHG zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Solange diese Änderung der Geschäftsführung der Gesellschaft nicht durch Eintragung im Handelsregister eingetragen ist, wird der Rechtsverkehr durch § 15 Abs. 1 HGB geschützt, was bedeutet, dass die Eintragung im Handelsregister einen sogenannten Rechtsschein erzeugt. Denn die Abberufung des Geschäftsführers ist für Außenstehende nicht erkennbar, es scheint mit dem noch bestehenden Handelsregistereintrag so, als wäre der abberufene Geschäftsführer weiterhin für die GmbH vertretungsberechtigt, obwohl er es nicht mehr ist. Ein Dritter, der in das Handelsregister Einsicht nimmt oder nehmen kann, darf sich auf diesen Rechtsschein berufen.
Der BGH entschied deshalb im oben genannten Rechtsstreit, dass der Grundstückskäufer als Vertragspartner der GmbH sich grundsätzlich darauf berufen konnte, dass der im Handelsregister eingetragene und beim Notar handelnde Geschäftsführer zur Vertretung der GmbH berechtigt war. Dies gelte nur dann nicht, so der BGH, wenn der Käufer des Grundstücks wusste, dass der Geschäftsführer abberufen wurde. Der Käufer wusste dies hier jedoch nicht.
Der BGH entschied zudem, dass auch der durch § 15 Abs. 1 HGB gesetzte Rechtsschein nicht grenzenlos gilt, insbesondere nicht in Fällen des sogenannten Missbrauchs der Vertretungsmacht. Ein Dritter darf sich deshalb auf den durch das Handelsregister gesetzten Rechtsschein dann nicht berufen, wenn es Umstände gibt, aus denen sich aufdrängen musste, dass der Geschäftsführer zu der von ihm vorgenommenen Handlung, also dem Abschluss des Kaufvertrages, nicht berechtigt sein konnte.
Warum hätte der Käufer das hier erkennen können? Einen Anhaltspunkt dafür sah der BGH darin, dass die GmbH mit dem Grundstück hier ihr alleiniges Vermögen verkaufte. Bei einem solchen Geschäft hätte es nach § 49 Abs. 2 GmbHG im Interesse der GmbH gelegen, vor dem Verkauf eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, die über den Verkauf beschließt. Ein solcher Gesellschafterbeschluss über die Zustimmung zum Verkauf des Grundstücks war hier nicht gefasst worden.
Der BGH gelangte zu der Auffassung, dass der Grundstückskäufer hier jedenfalls Anlass dazu hatte, nachzufragen, warum dieser erforderliche Beschluss nicht vorgelegt wurde.
Nach der bislang geführten Beweisaufnahme soll der beurkundende Notar angenommen haben, ein solcher Gesellschafterbeschluss zur Zustimmung des Verkaufs des Grundstücks sei nicht erforderlich gewesen. Durfte sich der Käufer darauf verlassen? Inhaltlich waren die Umstände noch nicht vollständig ermittelt worden. Der BGH verwies den Rechtsstreit deshalb an das Oberlandesgericht zur weiteren Aufklärung zurück.
Die Entscheidung zeigt für den Rechtsverkehr, besonders für Grundstücksgeschäfte zwischen Handelsgesellschaften, zwei Risiken auf, die vermieden werden können:
Auf Verkäuferseite müssen eintragungspflichtige Tatsachen, wie z.B. die Abberufung eines Geschäftsführers, schnellstmöglich zum Handelsregister angemeldet werden. Laufen Geschäfte oder Vertragsverhandlungen mit Dritten, lohnt es sich, diese ausdrücklich schriftlich auf die Änderung, hier die fehlende Vertretungsmacht des abberufenen Geschäftsführers, hinzuweisen. Wurde die Änderung einem Dritten ausdrücklich mitgeteilt, gilt für ihn der Rechtsschein, der durch die noch bestehende Eintragung im Handelsregister erzeugt wird, nicht.
Der Erwerberseite legt der BGH jedenfalls bei wichtigen Geschäften wie einem Grundstückskauf gesteigerte Pflichten auf – um das Risiko eines unwirksamen Vertragsschlusses zu vermeiden lohnt sich die genaue Betrachtung des abzuschließenden Geschäfts. Könnte es sein, dass die Gesellschafter auf der Seite des Vertragspartners zustimmen müssten? Wenn ja, fordern Sie die Vorlage eines entsprechenden Beschlusses!
Johannes Grote
Rechtsanwalt