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Anlässlich der Prüfung der Wirksamkeit eines Werkvertrages zur Erbringung von Leistungen zur Suchmaschinenoptimierung (sog. Internet-System-Vertrag) hatte sich das OLG Celle mit Urteil vom 04.04.2024 (Az. 2 U 34/23) damit zu befassen, welche Merkmale vorliegen müssen, damit von einem wirksamen Vertragsschluss auszugehen ist.
Jeder Student der Rechtswissenschaft lernt es im ersten Semester: Hierfür müssen die wesentlichen Vertragsbestandteile gegeben sein. Dies sind in der Regel die Vertragsparteien, eine bestimmbare geschuldete Leistung und eine Preisvereinbarung, im Werkvertrag oder Bauvertrag also der Werklohn.
Eigentlich simpel – sollte man meinen. Das Landgericht Hannover hatte diese einfachen Anforderungen dennoch überspannt.
Ein wirksamer Werkvertrag – so das OLG Celle – setze eine Einigung über die sog. essentialia negotii (wesentliche Bestandteile des Rechtsgeschäfts) voraus, wofür es ausreiche, dass die beiderseits geschuldeten Leistungen bestimmt oder zumindest eindeutig bestimmbar sind. Dabei verlange die Bestimmbarkeit ein deutlich geringeres Maß an Genauigkeit. Nur in den seltensten Fällen scheitere in der Praxis die Wirksamkeit an der fehlenden Bestimmtheit eines Vertrages.
Die Leistungsbeschreibung stelle lediglich eine weitergehende Konkretisierung dieser vereinbarten Leistungspflichten dar. Diese sei für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Leistungserbringung, nicht jedoch für die vorgelagerte Frage des wirksamen Vertragsschlusses von Relevanz.
Gleichwohl ist den Parteien eines Werkvertrages dringend zu raten, ein detailliertes Leistungsverzeichnis zu erstellen und die geschuldeten Teilleistungen dabei möglichst präzise und erschöpfend zu beschreiben. Dies gilt für den Einheitspreisvertrag wie den Pauschalvertrag gleichermaßen. So mancher Baurechtsstreit resultiert aus einer unklaren Leistungsbeschreibung.
Daneben nimmt das OLG Celle die erstinstanzliche Verfahrensführung zum Anlass, einer immer mehr um sich greifenden Unsitte Einhalt zu gebieten. Die ein oder andere Baukammer neigt dazu, vorschnell Bausachverständige mit der Begutachtung der behaupteten Baumängel zu beauftragen. Dabei kann ein Sachverständiger den technischen Fragestellungen kaum sachgerecht nachgehen, ohne dass zuvor das geschuldete Leistungssoll aufgeklärt ist. Hierzu führt das OLG Celle aus, es bedürfe insoweit zunächst der Aufklärung des vertraglich vereinbarten Leistungsumfangs durch Vernehmung der Zeugen um sodann durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu prüfen, ob Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinanderstehen. Insoweit werde – nach Zurückverweisung an das Landgericht – zunächst die von der Klägerin tatsächlich erbrachte Leistung mit dem vertraglich vereinbarten Leistungssoll abzugleichen sein. Mit anderen Worten: Zeugenbeweis vor Sachverständigenbeweis!
David Hellmanzik
Rechtsanwalt